In einer Klinik kam es durch Verstopfungen in einer Abwassersammelleitung eines Zimmertraktes zu einem Rückstau und mehrfachem Wasseraustritt an den Sanitärobjekten einiger Zimmer im ersten Obergeschoss mit Überschwemmung der Zimmerböden und in Folge des zunehmenden Gewichtes der Leitung schließlich zum Rohrbruch und einer Überschwemmung auch des unterhalb der Zimmer befindlichen Speisesaals. Aufgrund der potenziellen bakteriellen Belastung des Abwassers wurden die unmittelbar betroffenen Räume evakuiert und Reinigungs- und Trocknungsmaßnahmen durch das Hauspersonal durchgeführt, d.h. sichtbare Verschmutzungen und Wasser entfernt.
Im Rahmen des ersten Ortstermins knapp eine Woche nach dem ersten Schadeneintritt und einige Tage nach dem Rohrbruch zeigte sich, dass die Feuchtebelastung im Erdgeschoss mehrere Zimmer und den Flur betraf, d.h. sich das Wasser im Bodenaufbau über den unmittelbaren Schadenbereich hinaus verteilt hatte. Die Trockenbauwände der Nasszellen waren wie auch die Bodenaufbauten stark durchfeuchtet und im Fußleistenbereich außen stellenweise und von innen stark von Schimmel betroffen. Die Türen im Haus hatten Stahlzargen, die im Gegensatz zu normalen Holzzargen gegenüber Schimmelbildung praktisch unempfindlich sind.
(2) Patientenzimmer nach erster Reinigung
(3) Speisesaal nach erster Reinigung
Probenahmen zeigten in den betroffenen Räumen erhebliche Raumluftbelastungen mit keimfähigen Schimmelpilzbestandteilen (KBE) von bis zu 15.000 KBE/m³ und darüber hinaus auf den Oberflächen neben Schimmelsporen auch deutliche bakterielle Belastungen, u.a. mit Fäkalkeimen (Enterobacteriaceae). Die Ausstattung der Zimmer mit Teppichböden und Einbaumöbeln, hinter denen bisher nicht getrocknet wurde, kam hierbei erschwerend hinzu. Die bakterielle Belastung der Polystyroldämmschichten im Bodenaufbau schwankte bei Bakterien zwischen über 30 Mio. KBE/g und unauffälligen Werten, Schimmelpilze waren nur in kleinerem Umfang nachweisbar, was aufgrund der kurzen Standzeit der Feuchtigkeit nicht verwundert.
Im Speisesaal war die Raumluftbelastung deutlich geringer, schließlich fehlten hier gegenüber Schimmelpilzen gefährdete Oberflächen. Der Bodenbelag bestand in großteils aus Naturstein, Trockenbauwände waren nicht vorhanden. Die untere Dämmung des Bodenaufbaus bestand aus Polyurethanplatten, darüber war eine Polystyrolplatte als Montageebene für die Fußbodenheizung verlegt. Bei Laboruntersuchungen von rasterartig entnommenen Dämmschichtproben, die auch im Hinblick auf die Kostenverteilung zwischen der Gebäudeversicherung (Übernahme nur der schadenbedingten Wiederherstellungskosten) und der Betriebsausfallversicherung (Übernahme von zusätzlichen Sanierungskosten mit dem Ziel der kurzfristigen Wiederaufnahme des Betriebes) vorgenommen wurden, zeigte sich, dass der Bodenaufbau im Speisesaal v.a. im Randfugenbereich sehr stark mikrobiell belastet war, da hier das Abwasser direkt eingedrungen war, sich jedoch ansonsten die Belastung aufgrund der großen Flächen und des weitgehend dichten Belages großteils im unteren Bereich bewegte. Lediglich an einigen Fugenbereichen mit Belagswechseln waren wiederum sehr starke Belastungen nachweisbar.
Glücklicherweise gab es am Übergangsbereich zur an den Speisesaal angrenzenden Küche mit Speisenausgabe Aufkantungen im Bodenaufbau, so dass kein Übertritt von Abwasser in die Küche stattgefunden hatte, wie sich anhand von Bauteilöffnungen zeigte. Der Bodenaufbau in der Küche war wannenförmig abgedichtet, vermutlich um bei starker Wasserbelastung in der Küche Schäden in angrenzenden Bereichen zu vermeiden. Der Küchenbetrieb konnte folglich weiter gehen und die Essensausgabe in ein Provisorium verlegt werden.
Aufgrund der Notwendigkeit, den Betrieb baldmöglichst wieder aufzunehmen, wurde entschieden, sämtliche vom Schaden betroffenen Flächen incl. Bodenaufbauten kurzfristig zurück zu bauen und nach fachgerechter Reinigung wieder herzustellen und hierfür ein bundesweit agierendes Sanierungsunternehmen über den Gebäudeversicherer beauftragt. Im Rahmen des ca. zwei Wochen nach Schadeneintritt begonnenen Rückbaus zeigten sich an den Trockenbauwänden der Zimmer stellenweise erhebliche Belastungen, die Dämmschichten der Bodenaufbauten waren punktuell in beiden Stockwerken bereits optisch stark verschmutzt.
Vor Sanierungsbeginn wurde eine Abschottung des Sanierungsbereichs mit Unterdruckhaltung über mehrere Turbinen vom restlichen Gebäude mittels lattenverstärkter Folienwände bzw. abgeklebten Holzwerkstoffplatten hergestellt. Der Zugang in das Obergeschoss erfolgte über ein für den restlichen Betrieb gesperrtes Treppenhaus und für den Speisesaal direkt von außen. Der Schutt konnte auf diese Weise problemlos in bereit gestellte Container auf der Gebäuderückseite gelangen. Wiederholte Kontrollmessungen der Raumluft in den Patientenbereichen außerhalb des Sanierungsbereiches zeigten kaum erhöhte Belastungen.
(6) Speisesaal nach Beginn des Rückbaus
(7) Stark mikrobiell belastete Randdämmstreifen vor dem Rückbau
Der Rückbau umfasste die Bodenaufbauten in den betroffenen Patientenzimmern mit Verbindungsflur und im gesamten Speisesaal, die Trockenbauwände im Bodenanschlussbereich bis zu einer Höhe von ca. 60 cm, die gesamte Sanitärinstallation in den Bädern und die abgehängten Decken im Flur des Patientenbereichs und im Speisesaal.
Nach Abschluss der Rückbauarbeiten wurde eine Feinreinigung des gesamten Sanierungsbereichs, d.h. die Reinigung sämtlicher verbliebener Oberflächen – Decke, Wände, Böden, Installationen etc. durchgeführt. Da es sich bei dem Sanierungsunternehmen um eine große Firma mit vielen Mitarbeitern, teilweise auch mit Subunternehmen, handelte, war die Qualität der Feinreinigung allerdings zu bemängeln, was unserer Erfahrung nach bisher v.a. bei großen Firmen mit unterschiedlichem Ausbildungsniveau leider häufig der Fall ist. Die weitestgehende Staubfreiheit war im ersten Durchgang nicht gegeben, im Gegenteil an diversen schlecht zugänglichen Stellen v.a. aus dem Bodenaufbau war Restmaterial verblieben. Die in solchen Fällen von den Firmen gern angewendete Desinfektion, meist mit Wasserstoffperoxidlösungen, war auch hier ohne Rücksprache erfolgt, konnte aber die im Rahmen von Nachmessungen von Raumluft und Oberflächen nachgewiesenen mikrobiellen Belastungen nicht eliminieren, wenngleich die Raumluftwerte deutlich unter den ursprünglichen Werten lagen.
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Es wurde deshalb eine Nachreinigung mit dem Umfang der Erstreinigung durchgeführt, nach der die Kontrollmessungen akzeptabel waren, so dass mit dem Rückbau der Abschottungen und den Wiederherstellungsarbeiten rund sechs Wochen nach Eintritt des Schadenereignisses begonnen werden konnte. Diese Arbeiten unterscheiden sich nicht von üblichen Sanierungstätigkeiten und werden deshalb nicht gesondert dargestellt.
Als ursächlich für den Schaden konnte schließlich neben stark kalkhaltigem Wasser und entsprechenden Ablagerungen sich mangels Wartung seit der Erbauung vor ca. 15 Jahren ansammeln konnten, ein zu geringes bzw. teilweise fehlendes Gefälle der fraglichen Abwassersammelleitung nachgewiesen werden, das im Zuge der Wiederherstellungsarbeiten korrigiert wurde.
Fazit
Häufig gibt es bei Schimmelpilzschäden kleine Ursachen mit großer Wirkung. Das fehlende Gefälle der Abwasserleitung hätte von den am Bau Beteiligten problemlos erkannt werden können, Revisionen der Leitungen mittels Kamerabefahrungen unterblieben trotz vorheriger kleinerer Verstopfungen.
Durch die schnelle Entscheidung zum Rückbau nach dem Schadenereignis ersparte man sich jedoch leidige Erfahrungen mit nicht erfolgreichen Teilsanierungen oder Desinfektionsmaßnahmen.
Durch den Einsatz von qualifiziertem Sanierungspersonal hätte man vermutlich nochmals Zeit und Geld einsparen können, da, eine Wiederholung der Feinreinigung nicht erforderlich gewesen wäre. Auf einen öffentlich-rechtlichen Sachkundenachweis, wie er z.B. bei der Asbestsanierung erforderlich ist, warten wir schon lange.